20.08.2024
Triathlon

Das erste Mal über die Ironman-Distanz

Im ausführlichen Interview spricht der Triathlet Alexander Kahl über seinen bisherigen sportlichen Werdegang, die größten Herausforderungen im Triathlon und sein Debüt beim Frankfurter Ironman.

Für Alexander Kahl ging es dieses Jahr in Frankfurt zum ersten Mal über die Ironman-Distanz. Nach 11 Stunden und 14 Minuten kam er um 18:03 Uhr am Römerberg ins Ziel. Im Interview vor dem großen Tag hat er berichtet, was ihm vor so einem Ereignis durch den Kopf geht und wie er sich auf den Ironman vorbereitet hat.

Schön, dass es geklappt hat, so kurz vor dem großen Tag. Mal ganz plakativ gefragt: Wie hoch ist der Puls? Wie aufgeregt ist man jetzt so?

Der ist jetzt bei 86, ist jetzt nicht der Ruhepuls, aber man ist ja schon ein bisschen nervös. Man fühlt jetzt irgendwie überall auf einmal irgendwelche Wehwehchen, die wahrscheinlich gar nicht da sind. Das ist wahrscheinlich die Aufregung.

Wie bist du denn überhaupt zum Triathlon gekommen? 

Eigentlich bin ich Läufer. 2012 lief ich meinen ersten Marathon. Da habe ich gemerkt, dass ich eigentlich ganz gut im Laufen bin. Nach der Corona-Pandemie, die mich dann erst einmal zum Pausieren gezwungen hat, habe ich mich für den Marathon in Wien angemeldet. Es war der erste internationale Marathon, der nach der Pandemie wieder stattfinden konnte. Und bei Kilometer 37 habe ich mich gefragt, wie machen Leute eigentlich einen Ironman? Weil die wissen ja: Das, was ich jetzt mache, muss ich auch am Ende noch einmal machen. Das ist mir durch den Kopf gegangen und als ich auf dem Rückflug von Wien nach Frankfurt war, kam mir Idee, mal etwas Neues auszuprobieren. Und ich probiere halt gerne Sachen aus, die ich nicht kann. Dazu gehört vor allem oder gehörte das Schwimmen. Deshalb habe ich mich bei der Erwachsenengruppe Schwimmen angemeldet – allerdings noch nicht bei der Eintracht. Das hat dann funktioniert. Die 25-Meter-Bahn war dann plötzlich nicht mehr mein Feind. Da ich das Ganze professioneller angehen wollte, kam ich dann zur Eintracht, habe mich dort angemeldet und bin dann so zum Triathlon gekommen.

Und wann ist dann die Entscheidung gefallen, jetzt melde ich mich für einen Ironman an?

Das war für mich schon ein Dreijahresplan. Ich hatte mir überlegt, ich fange mit der olympischen Distanz an und melde mich dafür für ein Projekt an. In den zwei Jahren darauf folgten erst die Mitteldistanz, später dann die Langdistanz. Ich wollte das aufbauen, wollte auch einfach Erfahrungen sammeln in den Wettkämpfen, sodass diese Wettkampfsituation für mich nicht mehr was Neues ist. Was für mich ebenfalls wichtig war, ist, dass ich verletzungsfrei durch die drei Jahre gekommen bin. Ich wollte dann nicht auf einmal den Sprung zur Langdistanz machen, sondern kontinuierlich aufbauen und das hat sich bis heute auch ausgezahlt.

Ich hoffe, dass die Zuschauer mich auch fliegen lassen - auf der Laufstrecke wenigstens.

Alexander Kahl, Triathlet

Was motiviert dich, bei einen Ironman mitzumachen?

Vor allem, weil man sich ein großes Ziel setzt. So etwas das erste Mal zu schaffen ist eine klasse Leistung. Ich habe irgendwo mal gelesen, dass nur unter ein Prozent der Menschen weltweit sowas machen. Da gehört man dann schon zu einem illustren Kreis. Und vor allem ist es natürlich für sich einfach eine Herausforderung, auch mal in eine Sphäre zu gehen, wo man normalerweise nicht so unterwegs ist. Spaß bei der Sache zu haben, ist natürlich ein weiterer Faktor und gerade auch das Event. Als Adler in Frankfurt das wahrnehmen zu können, wird sicher toll sein. Weil hier in Frankfurt ist das natürlich eine ganz besondere Konstellation. Da hoffe ich, dass die Zuschauer:innen mich auch fliegen lassen ­– wenigstens auf der Laufstrecke (lacht).

Du bist ja Teil des Langdistanzprojekts der Eintracht. Wie läuft das konkret ab? Gib uns gerne mal ein paar Einblicke.

Das Projekt besteht aus verschiedenen Punkten. Los geht es erst einmal mit der Trainingsplanung. Das läuft alles digital über eine Plattform, die uns zur Verfügung gestellt wird. Da wird dann wochenweise ein Trainingspensum eingetragen, was sich dann auch steigert. Am Anfang, etwa kurz vor Weihnachten, waren das so acht, neun Stunden. Im Frühjahr, wo dann auch die Sonne rauskommt und man nicht mehr Indoor fahren muss, steigert sich das dann. Schwimmen ist kontinuierlich immer mit einem hohen Volumen dabei. Aber das Radfahren steigert sich vor allem im Mai, Juni, Juli, weil der Ironman ja durch die EM bedingt dieses Jahr ein bisschen später ist. Und du kriegst jede Woche sozusagen deine Hausaufgaben, deinen Wochenplan und stehst dann auch natürlich im Kontakt mit dem Trainer.

Alexander Kahl beim Ironman Frankfurt

Wie hast du dich jetzt vor allem in den letzten Wochen vorbereitet? Wie geht man konkret vor, wenn man weiß, bald ist es so weit?

Also, wichtig sind natürlich die Leistungsdiagnostiken, die man auch im Rahmen dieser sieben, acht Monate macht, weil dann weiß man, wo man steht und wie man sich entwickelt. Und darauf baut man dann eben auf. Es waren gerade in den letzten Wochen viele Radkilometer. Ein weiterer Punkt ist, sich darauf zu konzentrieren und nicht nervös zu werden, sondern auf Dinge zu vertrauen, die man schon gut kann. Und sich auch mental schon mal damit auseinanderzusetzen, was im Wettkampf passieren kann. Platten, Defekt, man ist vielleicht gerade in so einem Energieloch. Wie geht man damit um? Dass man sich mental natürlich auch auf verschiedene Situationen vorbereitet und, dass man Kontakt mit den Trainer:innen der Eintracht hat, die einem noch einmal Sicherheit vermitteln. Man ist ja nicht der Erste, der das macht und es gibt einfach ein gutes Gefühl. Der Erfahrungsaustausch mit den erfahrenen Athlet:innen hat mir weitergeholfen und auch gerade in den letzten Wochen die Kopfarbeit vereinfacht.

Was würdest du sagen, waren da so die größten Herausforderungen für dich?

Fünfeinhalb Stunden einsam Fahrrad zu fahren oder allein schon überhaupt eine Strecke zu finden. Also nach fünfeinhalb Stunden hat man schon ordentlich Kilometer im Sattel verbracht. Das ist eine große Herausforderung, sich da bei Laune zu halten, weil es schon eine lange Zeit ist. Auch das lange Laufen ist eine Herausforderung. Zwar kenne ich das, aber es ist trotzdem in der Kombination mit Radfahren und Schwimmen eine besondere Herausforderung. Aber das kriegt man hin, wenn man auch ein gutes familiäres Umfeld hat, also Freunde und Familie, die einen unterstützen.

Wie sieht dein Tag vor dem Ironman aus? Hast du bestimmte Rituale, denen du nachgehst?

Ein klassisches Ritual für viele Triathlet:innen ist, das Fahrrad in die Wechselzone zu bringen. Dazu gehört auch, die Wechselzone zu begutachten und zu schauen, wo die Kleiderständer oder die Kleiderbeutelabgaben sind. Ich verschaffe mir da gerne einen Überblick und schaue mir dann auch schon mal das Schwimmbecken an. Das ist so ein Ritual, um mich noch einmal runterzukriegen. Ansonsten wird nicht viel anstehen. Hauptsache nicht viel laufen, nicht viel Aufregung und früh ins Bett gehen. Dann freut man sich schon auf Sonntag. Der Tag vorher wird sehr kurz sein und schnell rumgehen.

Gibt es bei dir eine Lieblingsdisziplin? Und auf welche freust du dich am wenigsten?

Meine Lieblingsdisziplin war mal das Laufen, aber das hat sich geändert, weil Laufen wird schon irgendwann langweilig. Ich freue mich besonders auf das Schwimmen, weil sobald du im Wasser bist, denkst du an nichts anderes mehr. Du konzentrierst dich einfach auf das Gefühl, welches du dort im Wasser hast. Ich werde zwar nie der Michael Phelps der Eintracht werden, ganz im Gegenteil, aber für mich ist das Schwimmen mittlerweile mit die angenehmste Disziplin, weil ich da einfach runterkomme.

Am wenigsten freue ich mich auf das Laufen ab Kilometer 30. Da werden mir dann irgendwann die Beine schmerzen. Beim Fahrradfahren hingegen hört es irgendwann einfach auf, wehzutun.

Wenn danach auf einmal dieses ganze Sportpensum wegfällt, ist es natürlich erst einmal eine komische Situation.

Alexander Kahl

Worauf freust du dich am meisten, wenn du jetzt an den Ironman denkst?

Alle sagen, dass dieses Gefühl, was man beim Zieleinlauf hat ­– dieser rote Teppich, der Römer – dass das einzigartig ist. Darauf freue ich mich schon. Und dass ich dann auch mal dasselbe irgendjemandem erzählen kann, der vielleicht gerade am Anfang steht und diese Person so motivieren kann. Weil aus meiner Sicht kann sowas jeder schaffen, sofern die Gesundheit mitmacht. Man sollte sich vielleicht nicht zu hohe Ansprüche stellen. Aber das ist auf jeden Fall eine Sache, worauf ich mich dann freue: Am Römer zu sein und es geschafft zu haben. Und danach gilt es, nicht zu sehr in ein Loch zu fallen. Weil wenn danach auf einmal dieses ganze Sportpensum wegfällt, ist es natürlich erst einmal eine komische Situation.

Hast du schon Pläne, wie es dann danach weitergeht?

Ich habe noch eine Rechnung mit dem Frankfurt-Marathon offen. Beim ersten Mal war ich einfach jung und wild und habe ohne Trainingsplan agiert. Beim zweiten Mal war es relativ heiß, da war ich nicht so fit an dem Tag und bin dann eingebrochen. Ich will den Frankfurt-Marathon einmal durchlaufen ohne Probleme. Aber das mache ich einfach davon abhängig, wie der Marathon jetzt am Sonntag läuft. Wenn ich da für mich gut abschneide, werde ich mich vielleicht noch beim Frankfurt-Marathon anmelden.

Hast du ein persönliches, sportliches Ziel für Sonntag, was du dir gesetzt hast?

Das habe ich mir in Scheiben eingeteilt. Das Wichtigste ist, gesund ins Ziel zu kommen, nicht zu stürzen und keine Probleme zu haben. Und dann einfach das, was körperlich machbar ist für mich. Das kann man bis zu einem gewissen Grad gut durch die Leistungsdiagnostik und das, was die Trainer:innen hier bei der Eintracht einschätzen, vorhersagen. Was mich persönlich im Nachhinein ärgern würde, wäre, wenn ich in einer Disziplin nicht meine Leistung abgerufen hätte. Wenn ich unter 11 Stunden bleibe, wäre das auf jeden Fall eine Top-Sache. Und dann lasse ich mich einfach überraschen, was im Marathon möglich ist.

Ich kann es jedem nur empfehlen, bei der Eintracht so ein Programm mal mitzumachen. Die Menschen sind so zuvorkommend. Und besonders das Ehrenamt in Deutschland wird noch nicht genug wertgeschätzt. Ich kann nur Danke sagen an die Menschen, die bei der Eintracht jeden Tag im Triathlon ihr Bestes geben, die Mitglieder mit Top-Trainingsplänen zu versorgen. Weil ohne sie hätte ich es nicht so weit geschafft. Ein Teil der Leistungen, die ich Sonntag vollbringe, geht auf das Konto der Trainer:innen bei der Eintracht.