05.10.2018

Mit Adrenalin im Blut und dem Eintracht Trikot im Rucksack

Mit Adrenalin im Blut und dem Eintracht Trikot im Rucksack auf den höchsten Punkt der Alpen

Am 30.09.18 bestiegen meine Frau Anne und ich mit zwei Freunden aus Tübingen den Mont Blanc über den Normalweg. Ob der Mont Blanc oder der Elbrus (5.642m in Georgien (nicht Russland?)) der höchste Berg Europas ist, hängt von der Definition der innereurasischen Grenze ab, jedenfalls ist der Mont Blanc der Traum vieler Bergsteiger. Alpinisten aus aller Welt reisen nach Chamonix, um dem „König der Alpen“ aufs Dach zu steigen, leider nutzen viele Bergsteiger für die ersten Höhenmeter (1.500-2.000Hm) die Gondel oder die Zahnradbahn. Wir geben uns nicht die Blöße (Schwäche zeigen) und wollten den Berg klassisch zu Fuß besteigen. Wir haben es geschafft und standen auf dem höchsten Berg der Alpen mit 4.810m aus eigener Kraft.Am 28.09.18 ging die Reise los. Am Freitag fuhren wir von Frankfurt nach Les Houches, wir kamen um 01:00 Uhr in Les Houches bei Charmonix an, von dort starteten wir noch in der Nacht und stiegen die ersten 700 Höhenmeter zu einer alten Jägerhütte (1.700m) hoch, in der wir dann übernachteten.Am nächsten Morgen Sa. 29.09.18 stiegen wir bei schönstem Wetter hinauf zu Refuge Tete Rousse auf 3.167m. Der Weg zur Tete Rousse führt durch einen wunderschönen Wald in eine atemberaubende Berglandschaft hinauf. Als wir in der Tete Rousse angekommen sind, haben wir uns erstmal im Winterraum der Hütte 4 von 12 Betten reserviert, zum Glück! In der Nacht wollte etwa 20 Bergsteiger darin übernachten. Ein Vorteil hatte es bei so vielen Bergsteigern, es war extrem warm. Unser Plan war eigentlich, das wir am Montag den 31.09. auf den Gipfel wollten, aber da wir wetterabhängig waren und am Montag schlechtes Wetter vorhergesagt wurde, haben wir den Gipfeltag auf den Sonntag 30.09. vorgeschoben. Am Sontag um 02:00 Uhr ging der Wecker und wir standen um 02:30 mit vollgepacktem Rucksack zum Start bereit. Wir liefen über ein Geröllfeld auf ein kleines Stück Gletscher zum Einstieg zur Grand Couloir. Das Couloir ist berühmt-berüchtigt für seinen Steinschläge was oft zu Unfällen mit Verletzten und Toten führt. Fünfzig Prozent der Unfälle am Mont Blanc passieren an der ca. 60m breiten Rinne die gequert werden muss. Wir waren aber so früh dran, dass die Steine noch angefroren waren. Nun ging die Kletterei los, ca. 600m im II - III Schwierigkeitsgrad. Um 4 Uhr erreichten wir dann die Goûter-Hütte, dort schnallten wir uns dann die Steigeisen an und wanderten die nächsten 6 h über den gewaltigen Gletscher des Dôme du Goûter bis 4.304m. Oben ging dann auch endlich die Sonne auf und es eröffnete sich uns ein unglaublich schöner und beeindruckender Sonnenaufgang. Sowas schönes hab ich noch nie gesehen, was ich dort erlebt habe. Mir schossen direkt die Tränen in die Augen, vielleicht nur wegen der Kälte oder weil ich einfach so überwältigt war von dem unglaublich schönen Panorama. Um 10:51 Uhr erreichten wir nach langer Strapazen den Gipfel, und mir schossen schon wieder die Tränen in die Augen. Der Ausblick war grandios, wir stehen auf dem Dach der Alpen, keiner ist höher als wir, ein unglaubliches Gefühl und Erleichterung dass wir es geschafft haben. Nach ca. 5min auf dem Gipfel wurde es uns zu kalt und wir machten uns auf den Rückweg… schon komisch, man rackert sich 8 h ab und steht nur 5 min auf dem höchsten Punkt der Alpen. Aber das Wetter wurde auch zunehmend schlechter und wir wurden auch kurz von einer Wolke überrascht, so dass wir keine 10m mehr sehen konnten. Wir sind die ersten 200-300Hm im Blindflug abgestiegen und waren dann froh als wir aus der Wolke, die zum Glück nicht so tief hing, draußen waren und wieder klare Sicht hatten.Die restlichen 4 h ging es nur berg ab. Das Wetter hielt, die Kräfte schwindelten rapide und jeder Schritt wurde immer anstrengender. Als wir an der Schlüsselstelle des Abstieges kamen, die Wand die wir auch wieder im II-III Grad abklettern mussten, kamen mir Zweifel ob ich es schaffe, total ausgelaugt und müde noch ca. 600 m abzuklettern. Aber wir hatten noch gut Zeit und nach einer längeren Pause machten wir uns auf die letzten 600m.Als wir die Kletterpassage hinter uns hatten und das Grand Couloir ein zweites Mal gequert hatten waren es nur noch ca. 200 m bis zur Hütte Tete Rousse, allerdings waren die 200m sehr aufregend, da sich wieder eine Wolke reingedrückt hat bis die Sicht weniger als 10m war und es kein definierten und ausgeschilderten Weg gab, sondern nur ein Geröllfeld. Nun ging der zweite Blindflug los, wir wussten zwar so grob in welche Richtung wir mussten, aber sicher waren wir uns nicht, und so irrten wir die letzten 200m auf dem Geröllfeld rum. Aber wir haben die Hütten dann doch noch gefunden. Total erschöpft und müde, kochten wir uns noch eine Suppe und Tee und gingen danach ins Bett. Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf den Weg nach Les Houches zu unserem Auto, allerdingst wurden wir über Nacht von 30cm Neuschnee überrascht, was den Abstieg nicht einfacher machte aber dafür schön und spannend. Der Berg hatte sich total verändert. Nach 4h haben wir mit einigen Blessuren das Auto in Les Houches erreicht. Sichtlich erleichtert, glücklich und mit größtem Respekt schauten wir auf den Berg zurück und verabschiedeten uns mit einem glücklichem aber auch weinendem Herzen.