08.07.2010

Ironman Klagenfurt

\"My road to Kona\"

Der "Kärnten Ironman Austria"  -so sein offizieller Name- findet dieses Jahr an meinem  69. Geburtstag statt. Wenn das kein gutes Omen ist…

Jeder IM Wettkampf lässt sich eigentlich leicht und schnell beschreiben und ist mehr oder weniger bei allen gleich: 

-    Einige Monate hartes Training mit weitgehender Unterordnung des Privatlebens unter die Trainingsanforderungen,

-    Frühes Aufstehen am Raceday,

-    Schwimmen mit 'Hauen und Stechen' beim Start, und einigen Irren, die immer quer zur eigentlichen Richtung schwimmen und dich dabei unbedingt treten müssen,

-    Relativ harmonisches Radfahren mit gelegentlichen Kurzgesprächen mit anderen Mit-streitern; nach ca. 100 km tun die Steigungen richtig weh,

-    Laufen fällt am Anfang schwer, und man ist trotzdem zu schnell. Spätestens nach dem Halbmarathon möchte man sich hinsetzen und ein kühles Bier trinken - und manche machen das auch.

So ist es natürlich auch mir ergangen. Ich möchte aber lieber über meine Motivation und Ein-stellung zu dieser Strapaze berichten.

Als ich 10 Tage vor dem Wettkampf zusammen mit Leena im Womo nach Klagenfurt fuhr, hatte ich zwar so eine leise Hoffung auf einen Hawaii Slot - es wäre unehrlich das nicht zuzu-geben, aber jedem, der es hören (oder nicht hören) wollte, erzählte ich, dass ich zufrieden bin, wenn ich eine Zeit zwischen 12 und 12 ½ Stunden erreiche, weil ich glaubte, dass dies meinen Möglichkeiten entspricht… Und das reicht dann oder auch nicht. Zumindest erhoffte ich mir entsprechende Erfahrungen für einen neuen Anlauf in der M70 im nächsten Jahr.

Als erstes fuhr ich mal die Radstrecke ab, gemäß Markos Tipp: alles, was Du kennst, ist hilf-reich. Die Radstrecke ist ein landschaftlich überaus herrlich gelegener Rundkurs von 90 km auf der Südseite des Wörthersees und muss zweimal gefahren werden. Nachdem ich die Run-de an zwei verschiedenen Tagen abgefahren war (und anschließend  5 km gekoppelt hatte), wusste ich, wo ich Tempo machen konnte und wo ich aufpassen musste, keine Kräfte zu ver-geuden. Immerhin haben die 2 Runden 1600 Höhenmeter!

Die Laufstrecke dagegen ist potteben und verläuft etwa zur Hälfte nördlich des Sees und zur anderen Hälfte in die Stadt bis ins Zentrum. Man läuft allerdings meist ohne jeglichen Schat-ten.

Die Schwimmstrecke war schwieriger zu erkunden, da die Bojen erst am Raceday gesetzt werden. Außerdem darf man eigentlich nur ca. 250 m vom Strand weg schwimmen, weiter draußen fahren ziemlich viele Boote. Ich wusste nur, dass es ca. 1,5 km nach draußen geht, dann zurück und noch 800m durch einen Kanal bis zum Ausstieg.

Mitstreiter, die schon früher gestartet waren, rieten mir allerdings, doch weiter raus zu schwimmen, um eine bessere Orientierung zum Kanaleingang zu gewinnen. Es gibt da nämlich zwei Kanäle! Ich fasse mir also ein Herz, schwimme mit meiner gut sichtbaren, weißen Eintrachtkappe ca. 500m raus und versuche den richtigen Kanal zu finden. Zu meiner Überra-schung ist der kälter als der See, obwohl er teilweise keinen Meter tief ist. Das war sehr wich-tig, weil die meisten zur Mitte der Kanalbucht schwimmen und damit viel zu weit rechts.

Ähnlich wie in Frankfurt konnte man sich am Donnerstag schon registrieren, Freitag radelte ich noch mal gemütlich 20 km und überprüfte dabei das  geputzte und frisch eingestellte Rad. Samstag nur noch Füße hoch.

Die letzten zwei Nächte gehe ich vor dem Einschlafen jeweils in Gedanken die Wechsel durch. Abweichend zur sonstigen Gepflogenheit müssen Helm, Brille und Startnummer in den Bike-Beutel. Ich packe auch noch Strümpfe und Radschuhe dazu, weil wir etwa 300 m zum Radausgang auf Asphalt laufen müssen. Alles wird in umgekehrter Reihenfolge eingepackt  wie ich es entnehmen will und wird am Samstag mit dem Rad abgegeben.

Ergebnis: Ich war bei jedem Wechsel über eine Minute schneller als meine Altersgenossen.

Das Wetter folgte die ganze Zeit dem gleichen Muster: Morgens dunstig und leicht bewölkt, dann heiß, mit Gewitterneigung am Nachmittag und erneutes aufheizen bis zum Abend.

Und so war es auch am Wettkampftag. Von meinem Womo zum Start sind es 2 Minuten zu Fuß. Ich ziehe den Neo an und ströme mit den anderen Teilnehmern ins Strandbad. Die orangenen Wendebojen sind vom Strand aus im Stehen im Dunst gerade noch zu erkennen, die schwarzen Zwischenbojen schon nicht mehr.

So weit weg hatte ich mir 1½ km nicht vorgestellt. Komme ich da wieder lebend zurück? Da 'höre' ich Christian: "Das Wasser ist Euer Freund, es trägt Euch".  Na denn, ab ins Getümmel! Nach für mich richtig guten 1:27 Std. bin ich schon auf der 100m vom Ausstieg entfernten Zeitmessmatte - Danke Chris und Christian, Eure Mühe war doch nicht ganz umsonst!

Wechseln, aufs Rad, ein Gel, trinken, und ich bin mit meinen ca. 5000 kcal in Gel, Brot, Müsliriegel und Maltodextrin auf der Strecke. Obwohl es langsam heiß wird, bin ich in 2:55 Std. am Wendepunkt… Und es kommt wie jeden Tag: Wind, der manche Teilnehmer um bis zu einen Meter versetzt - insbesondere die mit den teuren Laufrädern. Dann Gewitter mit Platzregen. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei. Nur fahren wir jetzt wie in einer römischen Sauna über den dampfenden Asphalt. Das kostet halt Zeit, 3:13 für die zweite Runde.Ich ahne schon, dass die 5:30 Min. für die ersten km zu schnell sind, aber ich fühle mich wohl, vielleicht geht’s doch. Aber die gleißende Sonne fordert ihren Tribut! Nicht nur von mir, über 200 Teilnehmer müssen beim Laufen medizinisch versorgt werden, andere liegen einfach unter einem Baum, viele verwechseln den Marathon mit einer Walkingstrecke.

Bei km 31 kommt Leena zu mir: Mein Bruder hat angerufen, er hat mich bei ironman.com getrackt und festgestellt, dass ich dem anfangs Führenden meiner AK bis km 26 etwa 33 Minuten beim Laufen abgenommen habe und nun 8 Minuten vorne liege. Das gibt mir Auftrieb. Ich 'höre' Marko: Du musst nur durchlaufen, dann gibt es eine gute Zeit. Der Ironman wird beim Marathon gewonnen. Fast gleichzeitig ruft ein englischer Betreuer seinem Schützling zu: Don't walk - keep on running! Und dann die Serienschilder mit den blöden Sprüchen- Nur Fledermäuse lassen sich hängen, Aufgegeben wird bei der Post, Ich hab' Euch nicht versprochen, dass es leicht wird, das ist kein Fußball etc.Mit Mühe nur befolge ich das alles und komme ziemlich fertig nach 12 Std., 14 Min. und 19 Sekunden ins Ziel, 1 ¼ Std. schneller als 2007!

Und plötzlich bin ich wieder fit, hole den Laptop und will selbst sehen, wo ich gelandet bin… Und tatsächlich habe ich mit 10 Min. Vorsprung die Altersklasse gewonnen!Ich bin aufgedreht, ja überdreht, gehe wieder ins Finisherzelt, esse etwas und trinke ein paar Bier, jetzt darf ich wieder! Dann weiter zum Zieleinlauf, wo um 24 Uhr der letzte Finisher mit Feuerwerk begrüßt und das Rennen beendet wird!Ich bin überhaupt nicht müde, gehe aber schließlich doch ins Bett. Meine Frau war vom Zuschauen müder als ich und schläft tief und fest. Aber schon um 3 Uhr bin ich wieder wach, ist dies ein Traum, kann ich nach Hawaii?Um 13 Uhr ist die Slotvergabe, und da mit den hohen Altersklassen angefangen wird, darf ich 5 Minuten später 420 € für den Start zahlen, unterschreibe die Antidopingerklärung und erhalte meinen Registrierungscode. Um 18 Uhr ist Siegerehrung mit Awardsdinner und anschlie-ßender Party. Um Mitternacht gehe ich dann (gezwungenermaßen) zurück ins Womo. Ich bin immer noch nicht tot zu kriegen, aber es ist amtlich, ein Traum geht in Erfüllung:

I'm on the road to Kona!