21.08.2009

24. Swiss Alpine K 78-Marathon 2009:

K78, das klingt für die Meisten wie ein Nahrungsergänzungsmittel. Für eingefleischte Ultraläufer aber ist das die Formel die Herzen höher schlagen lässt. Der K 78 ist die längste von 6 möglichen Strecken beim berühmten Swissalpine Marathon von Davos in den Schweizer Alpen.

K78 bedeutet 78,5 Km mit 2320 Höhenmetern über hochalpine Trailpfade durch das schöne Graubündener Land. Kein Spaziergang wie ihr euch denken könnt. Daher ist der Plan dort zu laufen auch schon fast 13 Jahre alt. So was will ja gut vorbereitet sein ;-)

Nachdem ich mir schon 2006 ein Pausenjahr vom Ironman gegönnt habe und einen langgehegten Traum erfüllt habe, indem ich meinen ersten 100-er in Biel gelaufen bin, sollte es in diesem Jahr, da ich mich wieder etwas mehr aufs Laufen konzentrieren wollte, der Swissalpine sein. In der Vorbereitung hatte ich bereits 3 Marathonläufe und 3 Ultraläufe bis zu 64Km absolviert so dass ich mich gut gerüstet sah.

Freitags als wir in Davos ankamen war der Himmel schwer Wolkenverhangen und am Abend gingen auch die schweren Gewitter nieder die angekündigt waren. Ein schlechtes Omen in den Bergen. Angesagt sind 14°C auf 1540m in Davos und 4° C für den höchsten Punkt die Keschhütte auf über 2600 m. Regenfälle möglich.

Tatsächlich zeigt sich das Wetter am Morgen von seiner freundlichen Seite und die Sonne lässt sich schon um 8 Uhr blicken als wir uns am Start versammeln. Eine riesige Menschenmenge drängelt sich auf dem Sportplatz von Davos zu den Klängen der Carmina Burana von Karl Orf. Peng, der Startschuss fällt und das Abenteuer beginnt.

Der erste Streckenteil ist schnell und flach. Eine Runde durch Davos auf Asphalt und dann hinaus Richtung Wiesen auf gut befestigten Feldwegen. Ab Km 15 wird’s dann schon trailmässig. Steile Anstiege über Wurzeln und rutschige Gefällestücke auf schmalen Trails, da noch alles nass ist von den starken Regenfällen in der Nacht. Es läuft gut an, so dass ich den geplanten Schnitt von 4:30/ Km für die ersten 31 Km gut laufen kann und planmäßig in 2:19 Stunden in Filisur über die Zeitmessmatte für den K31 laufe. Ab jetzt geht’s nut noch hoch. Nach Bergün laufen wir eine steile Strasse hoch und überwinden schnell ca. 250 Höhenmeter in einem wunderschönen Tal. In Bergün ist dann Halbzeit. Ich überlaufe die zweite Zeitmessung bei 39,2 Km in 3:01 Stunden und bin überrasch wie gut das ging. Hier steigen in 29 Minuten auch die K42 Läufer ein, die nahezu die identische Strecke wie wir haben. Ich sehe Frank Bechtlof, der ebenfalls mitläuft und noch schnell ein Photo von mir schießt.

Schon kurz dahinter wartet Alex am Ortsausgang mit meinen Trailschuhen und meinem Camelback, der mir Nahrung, Flüssigkeit und Schutzbekleidung für den schweren 2. Teil der Strecke liefern soll. Die beste Entscheidung die ich an diesem Tag getroffen habe.

Ein schneller Kuss noch und ein Viel Glück von ihr und schon nach weniger als 2 Minuten ist der Wechsel vollzogen und ich wieder unterwegs. Fast wie beim Triathlon wenn es auf den Marathon geht. Ich ahnte nur noch nicht dass diese 39 Km viel härter werden sollten.

Bei Marathon Km 42 laufe ich mit 3:20 h durch und merke schon langsam dass es sowohl steiler wird, als auch das die Luft immer dünner wird. Akklimatisieren konnte ich mich leider vorher nicht mehr. Bei Km 46 wird mir schwindelig und ich muss vom Laufen in schnelles Gehen umstellen, um nicht in Probleme zu kommen. Bis zur Keschhütte kann ich nur noch wenige Passagen laufen, dass es sowohl steiler als auch unwegsamer wird. Immer öfters muss man die Hände zu Hilfe nehmen und sich abstützen. Ein unplanmäßiger Pitstop kostet zusätzlich Zeit. Als ich über den Pass laufe und die 3. Zeitmessung nach über 5 Stunden und 53 Km passiere schaut mir der Rennarzt tief in die Augen und fragt ob alles O.K. ist. „Mir geht’s gut“ sage ich, „nur die Beine sind schwer“. Kaum bin ich über die Kuppe am Verpflegungsstand vorbei schaltet irgendjemand das Wetter um. Schlagartig fängt es an zu Schneien und ein bitterkalter Wind bläst uns eiskalt mit 2°C entgegen. Schnell hole ich die mitgenommene Weste raus und freue mich darüber, nun von den schlechten Erfahrungen anderer Läufer in den Bergen zu profitieren.

Endlich ist wieder Laufen angesagt. Erst mal geht es steil bergab bis zu einem Punkt wo sich Marathon und K78 teilen. Wir laufen links am Hang auf dem Panoramatrail weiter, während die Marathonies noch tiefer runter müssen. Der Trail ist steinig und schmal. Überholen ist nur schwer möglich. Leider bin ich es dieses Mal der andere blockiert und überholt wird, da mir einfach die Erfahrung in den Bergen fehlt. Zusätzlich erschweren uns viele Sturzbäche das Laufen, die nach den starken Regenfällen angeschwollen sind und bis zu 3 Meter breit werden. Das bedeutet entweder einen Balanceakt über scharfkantige Steine oder nasse Füße wenn man einfach durchrennt. Meine neuen Goretexschuhe erweisen sich dabei als Gold wert. Nach ca. 7 Km geht es wieder Steil bergan und wir müssen noch 2 rutschige Schneefelder überqueren. Wir treffen wieder mit den Marathonies zusammen und laufen nach 60 Km über den berühmten Scalettapass auf 2620 m, wo eine weitere Verpflegungsstelle eingerichtet wurde. Hier gibt es wie schon an der Keschhütte auch eine warme Brühe für die ausgekühlten Läufer.

Das nun folgende Stück ist schwer zu beschreiben. Ich kann nur sagen dass es eines der schmerzhaftesten meine 17 jährigen Läufer-Laufbahn ist. CA. 25-30 % Gefälle über Geröllhalden die sich durch die Lawinenabgänge im Winter gebildet haben. 4 Km Kampf mit der Schwerkraft und dem eigenen Körpergewicht bis hinunter zum Dürrboden. Hier lasse ich richtig Zeit liegen, da von normalem Laufen nicht mehr die Rede sein kann und die frischen Marathonläufer nur so an mir vorbeifliegen.

Unten im Dichmatal angekommen hoffe ich auf besseren Untergrund und etwas gnädigere Bedingungen. Leider nimmt der Veranstalter das Wort Trail ernst und lässt uns wirklich jeden steinigen Weg und jede sumpfige Wiese neben der schön anmutenden Strasse hinunter nach Davos laufen. Bastard ! Ich stolpere mir einen zurecht wie ein Anfänger und fluche über mich selbst ob dieser koordinativen Unzulänglichkeit.

So langsam wird es auch wieder wärmer so das ich bei 70 Km auch wieder die Weste ausziehen kann und mit dem leeren Trinkrucksack nun auch etwas lockerer laufen kann. Die Kilometer werden wieder schneller und die 4.Luft kündigt sich an. Bei 74 Km hat der gute Andrea Tuffli noch ne Schweinerei eingebaut. Da wir schlecht über den Golfplatz von Davos rennen können müssen wir noch mal links steil den Berg hoch in de Wald, was ziemlich schwer fällt. Dafür werden wir noch mal mit einem traumhaften Trail rund um Davos belohnt, der einem die Schmerzen etwas erleichtert und die letzten Kilometer zu einem echten Genuss macht. Mann hört schon 20 Minuten vor seinem Zieleinlauf immer wieder den Stadionsprecher der frenetisch die einlaufenden Helden ankündigt. Der letzte Kilometer ist ganz leicht. Ich schau auf meine Uhr und wundere mich selbst dass ich auf einmal wieder 4:30 pro Km laufe. unglaublich. Im Ziel ist die Hölle los. Tausende von Leuten und Volksfeststimmung. Noch eine halbe Runde um die Bahn und es ist geschafft. 78,5 Km in 8:05:39“ Stunden. Immerhin 45 Minuten schneller als in Biel. Die Freude ist groß, auch wenn ich mich platt wie eine Briefmarke fühle. Alex wartet schon am Ziel und ist mächtig Stolz, genau wie ich. Das Abenteuer Swiss Alpine hat ein gutes Ende genommen.

Ich habe keinerlei Verletzungen davon getragen, so wie viele Mitstreiter die mit blutigen Knien und Armen ins Ziel wanken. Eine Einzige Blase bleibt mir als Erinnerung.

Platzierung: 118. Gesamt und 32. M40.

Wer gerne mal die Grenzen seiner Belastbarkeit austesten möchte und gleichzeitig ein einzigartiges Natuerlebniss genießen möchte, dem kann ich diesem tollen Traditionslauf nur wärmstens ans Herz legen. Ich habe jetzt meinen Haken dahinter gemacht.

Bilder und Ergebnisse unter www.transalpine.ch

Hang loose,

euer Frank